Vortragsreihe vor Ostern 2003, zu Artikeln des Glaubensbekenntnisses

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" ... zu richten die Lebenden und die Toten"

Der auferstandene Christus wird auch der Richter aller Menschen sein. Müssen wir uns vor ihm fürchten?

Dr. Wolfgang Bittner hielt am ersten Abend unserer Fastenvortragsreihe einen sehr fundierten und engagierten Vortrag, bei dem er die Frage eindeutig beantwortete: Der Richter wird kein anderer sein als der, den wir aus der Heiligen Schrift kennen. Es ist der Herr, der die Kranken heilt, sich der Armen annimmt und den Sündern Vergebung schenkt.

Im Alten Testament wird der Richter oft mit Jubel begrüßt, besonders in den Psalmen. Er verschafft den Unterdrückten ihr Recht, er nimmt sich der Witwen und Waisen an. Der Gerechte erhält seinen Lohn; es gibt einen Gott, der auf Erden Gericht hält" (Psalm 58).

Viktor E. Frankl hat in seinem Buch "Trotzdem Ja zum Leben sagen" beschrieben, wie er im Konzentrationslager angesichts des Bösen für sein Leben einen Sinn durchhalten konnte. Über das Böse hinweg auf den schauen, der größer ist, der das Böse überwinden kann, und bei ihm Halt und Orientierung finden. So wird das Böse relativiert und verliert seine Kraft. Deswegen haben Diktatoren Angst vor Menschen, die beten.

Gerechtigkeit und Liebe sind die beiden Pole, die erhalten bleiben müssen. Ohne Gerechtigkeit verlieren alle Gebote ihre Bedeutung, ohne Liebe wird die biblische Botschaft um ihren Kern gebracht. Die Gerechtigkeit richtet auf, schafft Heilung und geschieht aus Liebe, auch wenn sie das Böse offen legt und verurteilt. Die Liebe und die Barmherzigkeit Gottes ist um des Sünders Willen zum Leiden bereit, Jesus leidet aus Liebe zu den Menschen.

Sehr eindrucksvoll legte Dr. Bittner das Gleichnis vom Weizen und dem Unkraut aus. Der Herr hat Geduld bis zur Ernte, um den Weizen nicht zu gefährden. Die Sonne scheint über Gerechte und Ungerechte. Dies ist ein Gesetz, das für uns Menschen gilt: Geduld zu haben, keine Gewalt anzuwenden mit der Absicht, sich selber zum Vollstrecker der Gerechtigkeit zu machen.

Die Tendenz, über Gott bestimmen zu wollen, karikierte Dr. Bittner mit einer veränderten Version des Liedes "Jesus, geh voran auf der Lebensbahn! Und wir wollen nicht verweilen, dir getreulich nachzueilen", nämlich: "Ich geh voran auf der Lebensbahn! Und du wollest nicht verweilen, mir getreulich nachzueilen".

Wer sich dem Richter anvertraut und auf seine barmherzige Liebe hofft, darf dies auch für seine Mitmenschen tun.

Pfarrer Carl-Heinz Mertz (aus: Deine Gemeinde Maria Frieden, April 2003)

Anmerkung: Dr. Bittner ist evangelischer Pastor mit einem Wirkungskreis bei Leipzig und lebte als Österreicher längere Zeit in der Schweiz.

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